Bolligen/Stettlen - Ferenberg wird beidseitig umgarnt

Ferenberg hat nicht nur die gleiche Postleitzahl und Telefonvorwahl wie Stettlen. Viele Bewohner des Bolliger Aussendorfes fühlen sich Stettlen auch näher als ihrer Einwohnergemeinde. Zeit, die Grenzen neu zu ziehen?

Samira Zingaro, Berner Zeitung
Dass die Ferenberger ein stolzes, eigenständiges Völklein sind, zeigt ein Blick in die Historie. Im Frühling 1840 beschloss die Gemeinde Bolligen, eine neue Kirchenuhr anzuschaffen. Das alte Uhrwerk sollte fortan am eigenen Schulhaus hängen, entschied man sich im ärmlichen Schulbezirk Ferenberg. Die Bolliger schenkten ihnen die Turmuhr. Dies reizte ein paar Bolliger, die Ferenberger bei jeder Gelegenheit zu ärgern: die Ferenberger stünden jetzt in ihrer Schuld. Woraufhin die Ferenberger die Uhr kurzerhand zurückgaben. Selbstbewusst war das Bauerndorf damals – und ist es bis heute.

Eine kleine Umfrage zeigt: «Ich bin Ferenberger» antworten viele der 227 Bewohner, wenn man sie fragt , welchem Gemeindeteil sie sich zugehörig fühlen. Es folgt ein Zögern. «Und dann bin ich auch, ähm, Bolliger, aber... irgendwie auch Stettler.»

Stettlen ist «heimeliger»

Gemeinderat Erich Sterchi (SVP) ist tief in diesem Bolliger Aussendorf verwurzelt. Die Chronik erwähnt seinen Familiennamen in Ferenberg schon im 17.Jahrhundert. «Ich fühle mich in erster Linie als Ferenberger, dann als Bolliger, dann als Stettler», sagt der Meisterlandwirt.

Stettlen. Da sind zum einen Vorwahl und Postleitzahl, welche die Ferenberger mit dieser Gemeinde teilen. «Im Vereinsleben und an Anlässen fühle ich mich bei den Stettlern heimischer», erzählt Gemeinderat Sterchi. In Bolligen sei die Atmosphäre oft «kühler». Müsste er sich entscheiden, würde er seine Stimme Bolligen geben – «wahrscheinlich». Sterchi ist überzeugt: «Eine Abstimmung über die Zugehörigkeit wäre kontrovers.»

Stettlen ist näher

Ähnlich spricht Marianne Zürcher, Präsidentin der Bolliger SVP. «Ich kaufe, wie viele von hier, meist in Stettlen ein.» Ferenberg selbst besitzt nur eine Käserei. Stettlen sei näher. Die Hauptstrasse führt nicht nach Bolligen, sondern nach Stettlen. «Wir meiden Bolligen nicht, doch wir orientieren uns nach Stettlen», so Zürcher. Auch sie erwähnt die Vereine. Die Musikkapelle Ferenberg etwa sei auch die Musik der Stettler. «Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Ich bin Bolligerin», sagt Zürcher, fügt aber an, das sei wohl auch so, weil sie da politisiere.

«Es ist wichtig, dass Bolligen auf die Aussendörfer Rücksicht nimmt», sagt Zürcher und denkt dabei an die Autolawinen, welche Ferenberg überschwemmen, wenn das Mittelland im Nebel versinkt. An Sonntagen strömen sie zuhauf ins Bolliger Hinterland, Spaziergänger, Familien, Hündeler. Heute sind die Ferenberger Hügel unterhalb des Sendeturms Bantiger wichtiges Naherholungsgebiet. Wie unverzichtbar dies ist, war ein Mantra der Bolliger Politiker im Wahlkampf letzten Herbst.

Bolligen ist dagegen

Das Liebäugeln mit Stettlen dauert schon lang. Bereits 1917 war die Verschmelzung von Ferenberg und Stettlen Thema an einer Versammlung. Einstimmig wollten sich die Ferenberger von den Bolligern loslösen. Das liess Bolligen damals nicht zu - und auch heute nicht. «Dieses Naherholungsgebiet ist ein Grund, warum ich Bolligen so gut mag», sagt Gemeindepräsident Rudolf Burger (Bolligen parteilos). Bolligen würde mit der «grossen Feuerwehr» ausrücken, wenn ihnen die Stettler diesen Flecken wegnehmen wollten. Das Aussendorf sei zudem gut in der Gemeinde Bolligen verankert. Burger erinnert daran, dass die Ferenberger mit Gemeinderat Sterchi in der Bolliger Regierung vertreten sind. Nicht zuletzt habe auch Sterchis Vater als Ferenberger jahrzehntelang in Bolligen politisiert.

Das einst ärmliche Ferenberg wird heute von allen Seiten umworben. Stettlens Gemeindepräsident Lorenz Hess (SVP) hat Ferenberg bereits bei einer 1.-August-Rede umgarnt. Er witzelte dabei, dass die Stettler die Ferenberger sofort aufnehmen würden. Hess stellt aber klar: «Das war nur auf Jux-Niveau.» Es gäbe auf politischer Ebene keine Pläne, diesen Bolliger Teil abzwacken zu wollen. «Es ist ein reizvolles Gedankenspiel, doch nicht realistisch.» Und dann ergänzt Hess: «Jede Gemeinde hätte doch gerne eine Sonnenterrasse».

Ein Artikel aus der

www.bolligen.ch
www.stettlen.ch

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Erstellt: 07.02.2009
Geändert: 07.02.2009
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