Bolligen - Zuber stösst Burger vom Thron

In dieser Deutlichkeit hätte es niemand erwartet: Rudolf Burger (Bolligen Parteilos) ist als Gemeindepräsident abgewählt. Die neu gewählte Katharina Zuber (FDP) hat doppelt so viele Stimmen gemacht.

Markus Zahno, Berner Zeitung BZ
Es ist Sonntag kurz vor 17 Uhr. Die Kandidierenden und Parteifunktionäre warten im Bolliger Reberhaus auf die Verkündigung der offiziellen Wahlresultate. Dann kommt der bisherige Gemeindepräsident Rudolf Burger durch die Türe. Er schreitet auf Katharina Zuber zu, übergibt ihr einen grossen Blumenstrauss, umarmt sie, gratuliert.
 

Spätestens jetzt ist klar, was in den Minuten zuvor bereits durchgesickert ist: In Bolligen kommt es zum Umbruch. FDP-Gemeinderätin Katharina Zuber ist mit 1189 Stimmen als neue Gemeinde­präsidentin gewählt. Sie liegt 79 Stimmen über dem absoluten Mehr, ein zweiter Wahlgang ist damit hinfällig geworden.

Die grösste Überraschung ist aber, dass Zuber doppelt so viele Stimmen gemacht hat wie Amtsinhaber Rudolf Burger (Bolligen Parteilos). Dieser kommt auf gerade einmal 593 Stimmen. Martin Kaufmann (BDP) landet mit 436 Stimmen wenig überraschend auf dem dritten Rang. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 50 Prozent.

«Klötze am Bein»

Rudolf Burger zeigt sich als fairer Verlierer. Seine Enttäuschung kann er aber nicht verbergen, zumal er gleich doppelt abgewählt wurde – als Gemeindepräsident wie auch als Gemeinderatsmitglied. «Ich hatte halt gleich mehrere Klötze am Bein», sagt er gegenüber den Medienvertretern. Die krisengeschüttelte Pensionskasse Bolligen-Ittigen-Ostermundigen (PVS BIO), wo er seit 2009 im Stiftungsrat sitzt, ist wohl der grösste dieser Klötze.

Zudem habe er alle grossen Parteien gegen sich gehabt. Eine Rolle gespielt habe wohl auch, dass er bereits im Pensionsalter sei, vermutet der 66-Jährige. «Als Rentner fühle ich mich aber eigentlich noch nicht.» Er wolle eventuell wieder vermehrt journalistisch arbeiten, sagt er, der bis zu seiner Wahl vor acht Jahren als stell­vertretender Chefredaktor der Zeitung «Bund» arbeitete.

«Wahnsinnsfreude»

Ganz anders ist die Gefühlslage naturgemäss bei Katharina Zuber. Blumensträusse, Weinflaschen und ein kleines, rotes Päck­li: Sie kann sich vor Geschenken, Umarmungen und Glückwünschen fast nicht retten. «Ich hatte ein gutes Gefühl. Wenn ich im Dorf unterwegs war, spürte ich eine grosse Unterstützung», sagt sie. «Viele Leute wollten, dass es nun einen Wechsel gibt.» Dass es aber schon im ersten Wahlgang klappe, das habe sie nie und nimmer erwartet. «Ich habe eine Wahnsinnsfreude.»

Zuber ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Sie ist in Bolligen aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren kehrte sie vor vierzehn Jahren auch beruflich wieder in ihre Heimat zurück und arbeitet seither als Sekundarlehrerin am Oberstufenzentrum Eisengasse. Diese Stelle will sie Ende Jahr aufgeben und sich ab Januar auf das Gemeindepräsidium – auf dem Papier ein 50-Prozent-Job – konzentrieren.

«Hoffe auf Entwicklung»

Katharina Zuber will den Gemeinderat, in dem erstmals nach den Wahlen die Frauen in der Mehrheit sind, kollegial führen. «Es sollen ganz unterschiedliche Meinungen Platz haben, aber am Schluss sollen alle in die gleiche Richtung schauen», sagt sie. Auf den Rat kommen schwierige Themen zu: Es gilt die Gemeinde­finanzen zu stabilisieren und ins Stocken geratene Planungsgeschäfte voranzutreiben. «Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe», sagt sie. Aber schwierige Zeiten böten immer auch eine Chance zur Veränderung.

Ähnlich tönt es bei Martin Kaufmann. Dass er von den drei Kandidierenden fürs Gemeindepräsidium am wenigsten Stimmen macht, hat er erwartet. «Ich bin nicht enttäuscht, sondern freue mich für Katharina Zuber», sagt er. «Mit ihr kann in Bolligen jene Entwicklung in Gang kommen, die wir so dringend brauchen.»


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Markus Zahno, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 06.11.2016
Geändert: 06.11.2016
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