Bolligen - Kühle Kämpfer

Eine Frau und zwei Männer kämpfen um das Gemeindepräsidium. An einem BZ-Podium mussten sie sich vor allem mit der schwierigen finanziellen Lage der Gemeinde befassen. Und sie mussten sich Kritik gefallen lassen.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Was wissen sie voneinander? In der Gegenwart von Katharina Zuber (FDP) gehe es immer lustig zu und her, sagte Rudolf Burger (Bolligen Parteilos). Und er wisse auch, dass Martin Kaufmann (BDP) ein guter Tänzer sei. Burger sagte es ganz am Anfang des Podiumsgesprächs im Bolliger Reberhaus. Dort stellten sich die drei Bewerber für das Gemeindepräsidium gestern den Fragen von Markus Zahno, Redaktor dieser Zeitung.

Die Meinung gewechselt

Am Ende des Abends sah es für die drei Kontrahenten dann so aus, dass sie alle nur wenig zu lachen hatten. Und Freudentänze mochte gewiss auch niemand aufführen. Die politische Lage in Bolligen ist gerade etwas unterkühlt, zu düster ist die finanzielle Lage derzeit. Und zu kritisch waren auch die Fragen aus dem mit 120 Besuchern fast voll besetzten Saal. Es wurde also eine sehr ernsthafte Angelegenheit.

Besonders Burger, der Amtsinhaber, wurde häufig angegriffen. Nach zwei Amtszeiten als Gemeindepräsident hat er noch nicht genug. Dabei habe er genau dies vor acht Jahren seiner Vorgängerin Margret Kiener Nellen zum Vorwurf gemacht und damals einen Wechsel gefordert, sagte der Moderator. «Es zeichnet einen Menschen nicht aus, wenn er nie die Meinung ändert», entgegnete Burger. Es stünden noch wichtige Geschäfte an, die er gerne zu Ende führen möchte.

Ohr für alle und frisches Blut

Zuber, seit fünf Jahren Gemeinderätin in Bolligen und für das Soziale zuständig, möchte eine «Gemeindepräsidentin für alle» sein. Ob sie damit nicht einfach ihre Profillosigkeit demonstriere? Ihre Antwort fiel nicht unbedingt gewagt aus: Es gehe ihr um Sachpolitik. «Ein Präsident sollte für alle ein Ohr haben. Das heisst nicht, dass er allen dienen kann.»

Kaufmann war zwar schon einmal Gemeindepräsident im kleinen Oberösch, im Bolliger Gemeinderat hingegen hat er keine Erfahrung aufzuweisen. Ein Nachteil? «Keineswegs», antwortete er. «Die anderen Kandidaten haben die aktuelle, wenig ruhmreiche Situation mitzuverantworten.» Er hingegen könne frisches Blut und neue Inputs einbringen.

Schulden abbauen

In der Folge machte es sich Kaufmann in der Rolle des etwas mürrischen Kritikers bequem und attakierte hin und wieder den Gemeinderat. Dafür musste er sich allerdings von einer Zuhöhrerin als Besserwisser bezeichnen lassen. Zuber wiederum meldete sich selten zu Wort und konnte sich zudem auf ihren Fanclub verlassen, der sie freundlich zur Wahl empfahl.

Derweil musste sich Burger für zögerliche Amtsführung, den Schuldenberg von 33 Millionen Franken und das Debakel bei der Pensionskasse BIO rechtfertigen. «Wir sind uns bewusst, dass wir Schulden abbauen müssen», sagte er. Dies solle durch die Einnahmen aus dem Flugbrunnenareal geschehen, das die Gemeinde im Baurecht abgeben wird. «Wie es in den nächsten zehn Jahren aussieht, wissen wir aber nicht.» Er schloss nicht aus, dass die Steuern in den nächsten zehn Jahren steigen.

«Mit einer Steuererhöhung müssen wir zurückhaltend sein», gab hingegen Zuber zu bedenken. «Dann würden wir an Attraktivität verlieren.» Aktuell liegt der Steuerfuss bei 1,6 Einheiten. Kaufmann möchte vor allem bei der Ausgabenseite ansetzen und prüfen, welche Geschäfte und Leistungen die Gemeinde streichen könnte. Ein konkretes Beispiel? «Das kann ich nicht nennen.»

Wichtige Aufgaben

Also, wo sparen? Vielleicht eine Busstation aufgeben? «Dann gibt es sofort Gegenstimmen», sagte Zuber. Oder das Hallenbad schliessen? «Das kostet uns eine Viertelmillion Franken im Jahr», sagte Burger. «Aber wenn die Gemeinde einmal eine Aufgabe übernommen hat, ist es schwierig, sie wieder aufzugeben.»

Oder wenigstens auf die Toilette beim Bahnhof verzichten? Sie kostete die Gemeinde 180 000 Franken, «obschon wir mit dem RBS hart verhandelt haben», wie Burger betonte. Das will auch Kaufmann nicht. Die Toilette entspreche einem Bedürfnis, pro Monat werde sie von fast 1000 Leuten benützt.

Und sie ist sogar selbstreinigend. Das unterscheidet von der aktuellen politischen Lage in Bolligen.

Autor:in
Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 20.10.2016
Geändert: 20.10.2016
Klicks heute:
Klicks total: