Bolligen - Der Kanton macht keine Ausnahme
Der Regierungsrat bleibt dabei: Die Gemeinde, die mit einem Wärmeverbund die Energiewende schaffen will, kann für die Heizzentrale kein zusätzliches Land einzonen. Das Gesetz verbiete dies.
Diese Aussage hat ordentlich Staub aufgewirbelt. Einerseits propagiere der Regierungsrat die Energiewende, andererseits gefährde er ein Projekt für die Energiewende, kritisierte Gemeindepräsident Rudolf Burger (Bolligen Parteilos) letzten Monat in dieser Zeitung. Landauf, landab haben die Medien seither über die Gemeinde Bolligen berichtet, die einen grossen Wärmeverbund plant. 1000 Einfamilienhäuser könnten mit Holzschnitzeln aus der Region beheizt werden, so würden pro Jahr 1,8 Millionen Liter Heizöl gespart. Die Wärmezentrale sollte am nördlichen Dorfrand entstehen: Eine alte Scheune würde abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Dafür müsste aber ein Stück Land eingezont werden.
Wegen eines Moratoriums sind Einzonungen im Kanton Bern derzeit nicht möglich, ausser, der Regierungsrat bewilligt eine Ausnahme. Was dieser aber nicht tat. Das brachte Rudolf Burger derart in Rage, dass er zum öffentlichen Befreiungsschlag ausholte.
«In der Bauzone suchen»
Doch der Vorstoss hat nicht genützt. Er könne den Ärger der Bolliger zwar verstehen, erklärt Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) gegenüber dieser Zeitung. Aber das Raumplanungsgesetz des Bundes verbiete es, hier eine Ausnahme zu machen - auch wenn das Projekt durchaus im Sinne der Energiewende sei. In einem Brief an den Bolliger Gemeinderat macht Neuhaus einen Vergleich: «Nur weil der Bund den Einsatz von Elektrofahrzeugen fördert, hebt er auch nicht gleich die Verkehrsregeln für solche Fahrzeuge auf.»
Die kantonalen Behörden hätten den Bolligern schon lange erklärt, dass derzeit kein Landwirtschaftsland für die Wärmezentrale eingezont werden könne, so Christoph Neuhaus. «Es ist mir ein Rätsel, weshalb die Gemeinde diesen Weg nicht schon viel früher aufgegeben hat.» Weshalb sie zum Beispiel nicht mehr alternative Standorte innerhalb der Bauzone geprüft habe, an denen die Wärmezentrale problemlos gebaut werden könnte.
Alternativen suchen
Dem widerspricht Gemeindepräsident Burger. Lange habe man von den involvierten Kantonsstellen unterschiedliche Signale erhalten, unter welchen Bedingungen eine Wärmezentrale bei der alten Scheune möglich wäre. Und: Es seien ein Dutzend alternative Standorte geprüft worden. Die alte Scheune sei aber mit Abstand am geeignetsten.
Zusammen mit der Elektra Baselland und der AEK Energie AG, die den Bolliger Wärmeverbund bauen wollen, sucht die Gemeinde nun einen anderen Standort für die Wärmezentrale. Infrage kommen unter anderem das Coca-Cola-Areal, das noch bis Ende Jahr in Betrieb ist, sowie ein Areal gegenüber dem Fussballplatz in der Wegmühle. Doch ist dieses laut Rudolf Burger mit Unsicherheiten behaftet: Es wurde früher als Deponie benutzt und gilt als Altlast. Zudem seien die Eigentumsverhältnisse kompliziert, und die Fernwärmeleitungen müssten unter der Worble und den Bahngeleisen hindurch geführt werden.
«Es muss schnell gehen»
Auch Grossrat Bruno Vanoni (Grüne) aus Zollikofen wurde im «Fall Bolligen» aktiv. In einer parlamentarischen Anfrage konnte er den Regierungsrat zwar nicht umstimmen. Aber: Der Bund plane, die Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzonen zu revidieren, versichern ihm die Behörden. Der Kanton Bern werde sich dabei aktiv einbringen.
Ob die Änderungen für Bolligen noch rechtzeitig kommen? «Wir müssen den Wärmeverbund rasch realisieren», sagt Rudolf Burger. «Sonst suchen all jene, die ihre Ölheizung in nächster Zeit ersetzen müssen, eine andere Lösung.»
Der Vorstoss des BDP-Präsidenten
Wie die anderen Ortsparteien steht auch BDP hinter dem Wärmeverbund. Dass Gemeindepräsident Rudolf Burger (Bolligen Parteilos) den Regierungsrat in dieser Angelegenheit via Medien angreift, kommt bei BDP-Präsident Martin C. Kaufmann aber nicht gut an. «Es ist unglücklich, dass man einen Verhandlungspartner öffentlich angreift und so das Projekt gefährdet», so Kaufmann. Er hat sich deshalb mit Vertretern des Kantons und den Bauherren des Wärmeverbundes getroffen, um «ein positives Signal» auszusenden. «Jene, die sich für einen Anschluss an die Gemeinschaftsheizung interessieren, sollen sehen, dass das Projekt nicht gestorben ist», sagt Kaufmann.
Das Projekt hätte auch ohne Kaufmanns Intervention weitergelebt, erklärt Gemeindepräsident Burger. «Ich finde das Treffen hinter unserem Rücken etwas seltsam», sagt er. Vermutlich habe bereits der Wahlkampf 2017 begonnen. «Dabei ist noch gar nicht sicher, ob ich nochmals antreten werde.»