Allmendingen - Kleines Plakat sorgt für grossen Ärger

Für seine Fondue-Abende hängte Organisator Kurt Räss ein Werbebanner auf. Das Gefiel der Gemeinde gar nicht: Sie drohte mit Polizeigewalt und einer Busse bis zu 40'000 Franken.

Herbert Rentsch, Berner Zeitung BZ
Wenn Reklame an der Strasse steht, kennt die Gemeinde Allmendingen kein Pardon. Kurt Räss hat dies vor kurzem erfahren. Der Marketingfachmann und Hobbykoch aus Kehrsatz organisiert im Speicher der Bauernfamilie Jost Fondue-Essen. An zwölf Abenden serviert er mit seinem Team bis Mitte Dezember Fleisch- und Käsefondues. Dafür besitzt er eine Bewilligung des Statthalters. Als Werbung für die Anlässe hängte Räss ein grosses Werbebanner an die Holzbeige am Speicher: das Bild eines Fondue-Caquelons mit Angaben zu den Veranstaltungen.

Happige Drohungen

Doch die Gemeinde machte ihm einen Strich durch die Rechnung. «In einem Brief eröffnete mir der Bauverwalter, ich müsse das Banner abnehmen», erzählt Räss. Es war dicke Post. In der sogenannten Baueinstellungsverfügung wird Räss vorgeworfen, eine Reklametafel ohne Bewilligung angebracht zu haben. Dies sei zwar grundsätzlich erlaubt, nicht aber an einem Baudenkmal wie dem Speicher. Die Reklame müsse sofort entfernt werden, sonst könne dies «mit Polizeigewalt» durchgesetzt werden. Und: «Widerhandlungen sind strafbar (Busse bis 40'000 Franken, in besonders schweren Fällen bis 100'000 Franken nebst Haft).»

Kurt Räss ärgert sich noch heute über den Brief. «Man hätte zuerst mit mir Kontakt aufnehmen können.» Dass er für das Werbebanner eine Bewilligung brauche, habe er nicht gewusst. «Es hing ja nicht an der Hauswand, sondern an der Holzbeige.» Wütend ist Räss über die angedrohten Strafen: «Man hat mich wie einen Verbrecher behandelt.» Die Reklame entfernte er umgehend von der Scheiterbeige. Damit war es aber mit der Werbewirkung an der Thunstrasse vorbei. Räss: «Jetzt erleide ich eine Einbusse von Gästen. Und das Banner hat mich immerhin 600 Franken gekostet.» Gemeindepräsidentin Sibylle Burger sieht im Vorgehen der Bauverwaltung nichts Aussergewöhnliches: «Wir erhielten zum Werbeplakat Reaktionen aus der Bevölkerung und mussten handeln.» Die Gemeinde habe in diesem Bereich nur wenig Spielraum. «Man kann nicht machen, was man will. Wenn wir die Leute unterschiedlich behandeln, haben wir ein Problem.»

«Korrekt gehandelt»

Warum werden im Brief des Bauverwalters aber immens hohe Bussen und Polizeigewalt angedroht? Bei diesen Passagen handle es sich um allgemein gültige Gesetzestexte. «Im Sinne des Rechtsschutzes müssen wir die eventuellen Konsequenzen aufzeigen», sagt Sibylle Burger. Der Bauverwalter habe innerhalb seiner Kompetenz dieses Vorgehen gewählt. «Er hat rechtlich korrekt gehandelt.»

Wer die entsprechenden Artikel im Baugesetz und im Baubewilligungsdekret liest, kommt aber zum Schluss, dass die drohenden Folgen im Brief übertrieben waren. Nach dem Empfang des Briefes setzten sich Kurt Räss und Spycherbesitzer Werner Jost mit Gemeindepräsidentin Sibylle Burger an einen Tisch. Dabei wurde ein Alternativstandort für das Werbebanner in Betracht gezogen. Räss: «Frau Burger versprach, Bericht zu geben, es werde jemand von der Baukommission vorbeikommen. Doch seit über einen Monat warte ich auf eine Antwort», kritisiert er.

Missverständnis

Gemeindepräsidentin Sibylle Burger erklärt, sie sei davon ausgegangen, dass der beim Treffen evaluierte Standort möglich sei. «Für den geplanten Standort hätte es aber eine kleine Baubewilligung gebraucht. Eine solche ist sehr schnell erhältlich.» Burger ist sich nicht bewusst, eine Antwort schuldig geblieben zu sein. Vielleicht habe es zwischen Kurt Räss und ihr ein Missverständnis gegeben.

Kurt Räss ist übrigens nicht der Einzige, der sich in Allmendingen wegen einer Reklame Probleme einhandelte. Ruth Gerber vom Lebensmittelladen Ruth’s Delikatessen stellte eine schmale Werbeflagge an die Strasse, weil ihr Laden zurückversetzt und deshalb nicht gut sichtbar ist. Sie muss deswegen nun eine Busse von 80 Franken bezahlen.

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Herbert Rentsch, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 26.11.2010
Geändert: 26.11.2010
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